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Sommertraining in L.A.

Wiens erfolgreichster Basketball-Export Jakob Pöltl bereitet sich derzeit in Los Angeles auf seine vierte NBA-Saison vor, die zweite bei den San Antonio Spurs. Nach seinem ersten Basketball-Camp in der Heimat und ein wenig Urlaub steht für den 23-jährigen Center vor allem viel Training auf dem Programm. Im Oktober könnte eine wichtige Karriere-Entscheidung anstehen. Einen Blick wirft Jakob auch auf die Weltmeisterschaft in China, an der einige Spurs teilnehmen.

Jakob, wie hast du die letzten Wochen verbracht?

Derzeit arbeite ich mit Trainern von „Integrity Hoops“ an einem College in Los Angeles, im Moment ist mit JaVale McGee auch ein anderer NBA-Center ein Trainingspartner, davor waren Mario Hezonja und Georges Niang bei meinen Trainings dabei. Auch Blake Griffin trainiert hier. Insgesamt ist es mit einer Unterbrechung meine dritte Woche in L.A., die Zusammenarbeit mit den Privattrainern wurde von meiner Agentur in Absprache mit den Spurs organisiert. Ein junger Trainer von „Integrity Hoops“ hat heuer auch in Wien mit mir gearbeitet. In der vergangenen Woche war ich in San Antonio und habe am Rookie Camp teilgenommen. Ich konnte unseren Rookies helfen, aber auch für mich waren die Inhalte wichtig.

Apropos Inhalte: Worauf wird in den Trainings in L.A. Wert gelegt?

Es ist relativ wurflastig, mit vielen Drills für Guards, aus Dribble-Moves und Penetrations heraus, mit vielen verschiedenen Techniken. Generell ist viel Bewegung mit schnellen Entscheidungen dabei, was sehr unserem Spiel bei den Spurs ähnelt. Wir spielen 2-gegen-2 oder 3-gegen-3 mit oder gegen die Coaches, um die Bewegungsmuster zu vertiefen.

Zeit für Privates bleibt vor Saisonbeginn auch noch?

Ja, am Donnerstag fliege ich für ein paar Tage nach Kanada, wo der Labour Day gefeiert wird. In der Nähe von Toronto treffe ich mich mit Freunden, danach geht es dann in San Antonio richtig los.

Bis 21. Oktober besteht die Möglichkeit für die Spurs und dich, sich auf eine Vertragsverlängerung zu einigen. Passiert das nicht, bist du im Sommer 2020 Restricted Free Agent, kannst also Angebote von anderen Teams bekommen. Wie ist der aktuelle Status?

Ich lege das in die Hände meiner Agentur, derzeit gibt es noch nichts Konkretes. Grundsätzlich gefällt es mir in San Antonio sehr gut. Ob es zu einer Verlängerung kommt, wird natürlich auch vom Angebot abhängen. Wenn eine Einigung passiert, kann das durchaus ein zukunftsweisender Vertrag sein. Ich konzentriere mich im Moment aber eher auf die Arbeit im Training.

Am Samstag beginnt die Weltmeisterschaft in China. Mit Coach Popovich, den Assistants Chip Engelland und Will Hardy, Derrick White (alle USA), Patty Mills (AUS), Marco Belinelli (ITA) und Chimezie Metu (NGR) sind zahlreiche Spurs vertreten. Du wirst das Turnier sicher genau verfolgen?

Ich habe die Resultate der Testspiele mitbekommen, vor allem die Leistung von Patty beim Sieg von Australien gegen die USA war bemerkenswert. Vom Team USA hört man hier viel, auch von den Teamkollegen bekomme ich einiges mit. Wenn es bei der WM zu direkten Spurs-Duellen kommen sollte, werde ich mir die sicher anschauen.

Die USA plagen zahlreiche Absagen. Ist das für dich nachvollziehbar? In Europa ist das in diesem Ausmaß unverständlich.

In Europa ist es einfach üblicher, fast jeden Sommer für das Nationalteam zu spielen. Für die Superstars hat außerdem Olympia eine höhere Wertigkeit als die WM. Ich kann die Gründe für die Absagen grundsätzlich nachvollziehen. In letzter Zeit gab es oft Schlagzeilen über Verletzungen von Stars. Viele fragen sich, wofür riskiere ich hier meine Gesundheit, wenn das eigentlich die Zeit zum Trainieren und Ausrasten ist. Es hat sich ein Trend entwickelt, dem sich viele anschließen. Dass manche Spieler stattdessen in irgendwelchen Pick-up-Games spielen, wo die Verletzungsgefahr auch besteht, ist natürlich hinterfragenswert. Andererseits ergibt sich für viele Spieler, die in den Kader nachrücken und dabei sein wollen, eine coole Chance.

Sind die USA trotz der Ausfälle Favorit?

Schwer zu sagen, wahrscheinlich sind sie es trotzdem noch. Der Kader ist tief besetzt, es sind noch immer einige Stars dabei, auch wenn der Klassenunterschied zu manchen anderen Teams nicht mehr sehr groß ist. Grundsätzlich leben die USA mehr von ihrem individuellen Talent, während andere Länder wie Spanien oder Serbien eingespielter und daher taktisch weiter sind. Dazu kommt, dass die USA immer Druck haben. Es gibt heuer sicher einige Nationen, die die Chance auf Gold haben, erster Anwärter bleibt aber wahrscheinlich Team USA.

Das Gespräch führte Talking-Heads